Letztes Jahr im November fand in der Berliner Urania eine
Ausstellung mit dem Titel ".Welt im Tropfen" statt. Eine von dem Ingenieur
Bernd H. Kröplin
zusammengestellte Schau, die wundersame Einblicke in das Innenleben des Wassers
liefert. Die Mikroskopbilder zeigen Strukturen, die an Blätter oder Gräser
erinnern, an die Kraterlandschaft eines Jupitermonds oder an die Mandalas
buddhistischer Mönche.
Brisant wird die Ausstellung allerdings nicht durch die
ästhetischen Bilder,
sondern durch die Botschaft, die diese vermitteln sollen. Kröplin und seine
Mitarbeiter sind überzeugt, dass Wasser die seltsamsten Eigenschaften besitzt,
die dem naturwissenschaftlichen Weltbild zuwiderlaufen: etwa die Fähigkeit,
Informationen zu speichern, auf menschliche Gefühle zu reagieren oder gar mit
anderen Flüssigkeiten zu kommunizieren. All das ließe sich leicht als Esoterik
abtun, wäre da nicht eine irritierende Tatsache: Bernd Kröplin ist kein
durchgeknallter Wirrkopf, sondern ordentlicher Professor an der Fakultät für
Luft- und Raumfahrt der Universität Stuttgart.
Forscher beobachten schon seit geraumer Zeit, dass sich das
dritthäufigste
Molekül im Universum nicht immer so verhält, wie es die Regeln von Physik und
Chemie erwarten lassen. Etwa 40 Anomalien listen die Wasserforscher auf,
Abweichungen vom erwartbaren Verhalten, die zum Teil noch immerunverstanden
sind. Das simple H2O kann sich auf nahezu unendlich viele Arten zu Clustern und
Kristallen zusammenschließen unter anderem zu einer Eisform, die selbst bei 500
Grad Hitze gefroren bleibt ; als prophetisch erweist sich die Definition des
englischen Dichters D. H. Lawrence, der 1929 schrieb: "Wasser ist H2O, zwei
Teile Wasserstoff, ein Teil Sauerstoff. Aber da ist noch ein Drittes, das erst
macht es zu Wasser, und niemand weiß, was das ist. "Nach diesem Dritten wird im
Moment wieder verstärkt gesucht
Als Kröplin auf die Tropfenbilder der Stuttgarter Künstlerin Ruth Kübler stieß,
fing der gelernte Bauingenieur Feuer. Er begann, systematisch Tropfen unter dem
Mikroskop zu untersuchen. Dabei entdeckte er, dass sich Speichel von
Testpersonen unter dem Einfluss der Mobilfunk- und Röntgenstrahlung zu verändern
scheint. In seinem Institut fotografierte er fortan Rückstände tausender
getrockneter Tropfen: von Wasser aus der Stuttgarter Leitung ebenso wie aus
Heilquellen, Speichel, Blut und Urin von Hunderten Testpersonen. Unter dem
Mikroskop offenbarten sich charakteristische Strukturen, die höchst ästhetisch
aussahen. Doch ihre Reproduktion erwies sich als schwierig. Sie differierten
nicht nur von Experimentator zu Experimentator, sondern auch von Tag zu Tag.
Jeder andere Forscher hätte daraufhin wohl die Flinte ins Korn geworfen. Nicht
so Kröplin. In ihm wuchs die Überzeugung, dass unter dem Mikroskop auch die
Beziehung zwischen Tropfen und Experimentator sichtbar wird.
Die beobachteten Strukturen, so seine These, verändern sich auf
charakteristische Weise, je nachdem, wer die Flüssigkeit auf den Objektträger
tropft und in welcher Verfassung die jeweilige Person ist! Der trocknende
Tropfen erzeugt, wie ein Spiegel, ein Bild des Experimentators, postuliert
Kröplin kühn. In der Wasserforschung müsse man diese Einflüsse berücksichtigen.
Dann aber, verspricht er, könne man seine Effekte auch reproduzieren. Mit der
Reproduzierbarkeit ist das allerdings so eine Sache: Eine wissenschaftliche
Publikation, anhand deren andere Labors Kröplins Behauptungen überprüfen
könnten, es (bislang) nicht. Alle Versuche, Kollegen aus der Physik oder der
Chemie für seine Arbeiten zuinteressieren, seien gescheitert. Das kann sich
keiner vorstellen. Wie soll das Wasser auch Strukturen oder Informationen
speichern, so fragen Naturwissenschaftler, wenn die Bindungen zwischen
denH2O-Molekülen, die so genannten Wasserstoffbrücken, sich im Takt von
milliardstel Sekunden umorientieren? Auf solche Fragen weiß auch Bernd Kröplin
keine Antwort. Welche Kräfte da genau am Werke seien, könne er nicht sagen. Er
beobachte nur und jeder sei eingeladen, sich vors Mikroskop zu setzen und die
Strukturen anzuschauen. Wenn Kröplin Recht hätte, dann würde dies mit einem
Schlag erklären, die Erforschung der geheimnisvollen Eigenschaften des Wassers
so ein mühsames Geschäft ist. Sollte wirklich jeder Tropfen mit der
Körperflüssigkeit des Experimentators kommunizieren, wäre es kein Wunder, dass
skeptische Forscher andere Ergebnisse erhalten als jene, die an ein Gedächtnis
des Wassers glauben. So wird vermutlich auch weiterhin jeder im Wasser den
Spiegel seiner eigenen Welt erblicken.
Mit freundlicher Genehmigung von Steffen Becker, Berlin.